Warum ein Mann trotz deutschem Wohnsitz in Auslieferungshaft muss

Ein Mann wurde in Griechenland zu sechs Jahren Haft verurteilt, weil er einer anderen Person half, mit gefälschten Dokumenten nach Österreich zu reisen. Der Schwindel mit den Papieren einer dritten Person flog bei der Ausreisekontrolle am Flughafen Thessaloniki auf.

Worum ging es im griechischen Urteil?

Der Mann wurde in Griechenland zu sechs Jahren Haft verurteilt, weil er im September 2020 am Flughafen Thessaloniki einer anderen Person geholfen hatte, mit falschen Papieren (einem echten afghanischen Pass und einem echten deutschen Aufenthaltstitel, die aber einer dritten Person gehörten) nach Österreich zu reisen. Der Schwindel flog bei der Ausreisekontrolle auf. Von der Strafe sind noch fast sechs Jahre offen.

Festnahme und Verfahren in Deutschland

Mitte Februar 2025 klickten am Frankfurter Flughafen die Handschellen. Der Mann wurde einem Richter vorgeführt. Wichtig: Er erklärte sich nicht mit einer vereinfachten Auslieferung einverstanden und bestand auf dem „Grundsatz der Spezialität“ (das bedeutet, er darf in Griechenland grundsätzlich nur wegen der Tat verfolgt werden, für die er ausgeliefert wird). Daraufhin beantragte die Generalstaatsanwaltschaft die formelle Auslieferungshaft.

Die Entscheidung des Gerichts: Auslieferungshaft! Aber warum?

Das Gericht musste prüfen, ob die Voraussetzungen für die Auslieferungshaft nach § 15 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) vorliegen. Das sind im Wesentlichen zwei Punkte:

1. Ist die Auslieferung überhaupt zulässig? (Zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen)

2. Besteht Fluchtgefahr?

Zulässigkeit der Auslieferung

Beiderseitige Strafbarkeit: Ja. Die Tat (Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt/Einreise durch Überlassen fremder Papiere) ist sowohl nach griechischem als auch nach deutschem Recht strafbar (z.B. § 281 StGB – Missbrauch von Ausweispapieren, evtl. auch §§ 95, 96 AufenthG).

Formelle Anforderungen: Der Europäische Haftbefehl enthielt alle nötigen Angaben.

Problem: Urteil in Abwesenheit: Das griechische Urteil wurde gefällt, als der Mann nicht anwesend war. Normalerweise ist eine Auslieferung dann unzulässig (§ 83 Abs. 1 Nr. 3 IRG). Aber: Es gibt eine Ausnahme (§ 83 Abs. 4 IRG), wenn das ersuchende Land garantiert, dass der Verfolgte nach der Übergabe das Urteil erhält und Rechtsmittel (z.B. Berufung oder ein neues Verfahren) einlegen kann. Genau das haben die griechischen Behörden im Haftbefehl zugesichert (Zustellung des Urteils und 10 Tage Berufungsfrist nach Übergabe). Damit war dieses Hindernis ausgeräumt.

Fazit zur Zulässigkeit: Die Auslieferung ist nicht offensichtlich unzulässig.

Zur Fluchtgefahr:

Hier wog das Gericht verschiedene Aspekte ab:

Argumente gegen Fluchtgefahr: Der Mann hat eine Meldeadresse in Deutschland und lebt hier anscheinend mit seiner Familie.

Argumente für Fluchtgefahr (die überwogen):

    • Fehlende feste Bindungen: Außer der Familie sind keine weiteren Bindungen (z.B. fester Job, legale Einkünfte) ersichtlich.
    • Hohe Mobilität: Er lebte schon in Deutschland, als er die Tat in Griechenland beging. Festgenommen wurde er nun bei einer geplanten Reise in die Türkei. Das zeigt: Er ist sehr mobil.
    • Verdächtige Umstände: Die Art der Tat (Umgang mit fremden Dokumenten zur Schleusung) und der Fakt, dass er bei der Festnahme über 12.000 Euro Bargeld dabeihatte, lassen das Gericht vermuten, dass er illegalen Tätigkeiten nachgeht. Dies begründet die Sorge, dass er sich dem Verfahren entziehen könnte.

Fazit zur Fluchtgefahr: Das Gericht sah eine erhebliche Gefahr, dass der Mann untertauchen würde, wenn er auf freiem Fuß bliebe.

Ist die Haft verhältnismäßig?

Angesichts der sehr langen Reststrafe von fast sechs Jahren hält das Gericht die Auslieferungshaft für verhältnismäßig.

Was bedeutet der Beschluss jetzt?

Die Auslieferungshaft stellt sicher, dass der Mann für das weitere Auslieferungsverfahren zur Verfügung steht. Es ist noch nicht die endgültige Entscheidung über die Auslieferung selbst, aber ein wichtiger Zwischenschritt. Die Behörden werden nun prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Übergabe an Griechenland erfüllt sind.

Kernpunkte zur Auslieferung

Kernpunkte zur Auslieferung:

  • Ein Europäischer Haftbefehl ermöglicht eine relativ schnelle Festnahme und Auslieferung innerhalb der EU.
  • Auslieferungshaft kann auch bei vorhandenem Wohnsitz und Familie angeordnet werden, wenn andere Faktoren (unklarer Lebensunterhalt, hohe Mobilität, verdächtige Umstände, hohe Straferwartung) auf Fluchtgefahr hindeuten.
  • Urteile in Abwesenheit sind ein häufiges Problem bei Auslieferungen, können aber durch Garantien für ein faires Verfahren nach der Übergabe überwunden werden.